Samstag, 22. September 2012

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Effizienz auch im Privatleben: Verwaltungsangestellter mit Großeinsatz aus seiner Wohnung entfernt.

Fernwald (dema). Stark effizienzorientiertes Denken führte vergangene Woche zu einem Einsatz von Polizei, Rettungsdienst und Zoo-Veterinär.

Letzten Samstag war den Nachbarn des 23-jährigen Verwaltungsangestellten Björn-Kevin W. aufgefallen, dass dieser ständig die Spülung seiner Toilette bediente. »Wir dachten zuerst er habe Durchfall oder er müsse die Kloschüssel feste putzen«, berichtet Ruth U., die mit ihrer Familie die Wohnung unter Björn-Kevin bewohnt. »Aber wer rechnet denn mit so was?« fragt sie kopfschüttelnd.

Gegen Mittag desselben Tages wurde Björn-Kevin W., der zurzeit in einem nordhessischen psychiatrischen Krankenhaus behandelt wird, beobachtet, wie er zunächst einen Besen und später einen Schneeschieber in seine Wohnung holte. Ralf H. wohnt im Erdgeschoss des Mietshauses und erzählt besorgt: »Er war schon immer seltsam, aber als wir ihn zu dieser Jahreszeit mit einem Schneeschieber im Treppenhaus sahen, haben wir sofort die Kinder reingeholt und die Wohnungstür verriegelt.«

Als bei Ruth U. im Lauf des Tages Wasser durch die Decke drang und seit Stunden starke Stoß- und Klopfgeräusche aus der Wohnung über ihr zu hören waren, informierte die besorgte Mutter die Polizei. Ralf H. indessen hatte seine Schwiegermutter angerufen, die auf der Rückseite des Hauses wartete und dort ihre Enkelkinder durch das Fenster des Kinderzimmers entgegennahm, um sie in Sicherheit zu bringen. »Wir trauten uns nicht mehr in den Flur, aber die Kinder mussten da raus. Was sollten wir tun?« fragt Ralf H.

Die herbeigerufene Polizei stürmte die Wohnung von Björn-Kevin W. und fand diesen schweißgebadet, der völligen Erschöpfung nahe in seinem Badezimmer. Ein Besen steckte mit dem Stiel in der Toilettenschüssel und der Betroffene versuchte ständig mit dem Schneeschieber in die viel zu schmale Schüssel zu stoßen. Die Toilette war mit originalverpackten Lebensmitteln verstopft, ebenso der gesamte Abfluss, wie später die Spurensicherung feststellte.

Die Versuche der Beamten ihn von der Toilette zu entfernen waren vergebens, weil Björn-Kevin W. sich heftig mit dem Schneeschieber wehrte. Da das Winterwerkzeug mit Wasser aus der Toilette benetzt war, riskierten die Polizisten keine offenen Wunden. »Wer weiß, was wir uns da geholt hätten«, rechtfertigt der Einsatzleiter das vorsichtige Verhalten. Als die Beamten von der Schusswaffe Gebrauch machen wollten, intervenierten die Rettungskräfte vor Ort und versuchten stattdessen den Randalierer mit geworfenen Beruhigungsspritzen zu treffen. Als dieser Versuch ebenfalls fehlschlug, wurde als letzte Möglichkeit vor dem finalen Rettungsschuss durch die Scharfschützen des mittlerweile eingetroffenen Sondereinsatzkommandos, wurde der Einsatz eines Blasrohrs oder Betäubungsgewehrs in Betracht gezogen. Eingeflogen von einem Hubschrauber der Polizei konnte schließlich der Veterinär des Frankfurter Zoos das Horrorszenario beenden mit einem gezielten Schuss aus seinem Blasrohr.

Erste Gespräche mit dem noch verstörten und geschwächten Björn-Kevin W. lassen darauf schließen, dass dieser den beruflichen Zwang zur Effizienz um jeden Preis nicht mehr mit seinem Privatleben trennen konnte. Angefangen hatte alles mit Getränkeflaschen, die der Patient direkt in die Toilette entleerte. »Ich trinke es und pinkele es später weg«, sagte er stockend. »Da kann ich es auch gleich aus der Flasche wegschütten. Das ist effizienter!« Dem kann der Psychiater grundsätzlich zur zustimmen und die Tatsache, dass der Patient dies später auch mit Lebensmitteln in fester Form versuchte, könne seine starke Unterernährung erklären. Wie groß die Heilungschancen für den Patienten sind, ist ungewiss, da er sich mittlerweile weigert, morgens aufzustehen. Er lege sich abends ja sowieso wieder ins Bett, dann könne er auch gleich liegen bleiben, argumentiert Björn-Kevin W. Der behandelnde Arzt, der letztens auf Anregung der Krankenkassen ein Seminar zur Effizienzsteigerung besucht hat, kann dieser Argumentation nicht widersprechen.

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