Freitag, 4. Mai 2018

Zigeunerschnitzel, darf man das sagen?


Zigeunerschnitzel für den Berliner

»Darf man noch Zigeunerschnitzel sagen?« fragte man sich neulich im - erneut - im deutschen Fernsehen. Ob man es sagt oder nicht, ist allerdings nicht das Problem. Das Problem ist, was man sich dabei denkt. Niemand würde sich überlegen, zu einem Krapfen nicht mehr »Berliner« zu sagen oder zu den Würstchen nicht mehr »Frankfurter« oder »Wiener«. Selbst »Pariser« finden wenige sprachlich anstößig, auch wenn er nicht zum Essen gedacht ist.

Warum also ist das »Zigeunerschnitzel« diskriminierend, der »Berliner« aber nicht. An der Speise an sich kann es nicht liegen, ist beides lecker. Diskriminierend werden erst die Gedanken, die wir mit »Zigeuner« oder »Berliner« verbinden. Berliner sehen wir als positiv, schlimmstenfalls neutral, Zigeuner haben aber etwas Negatives. Zum einen wird sich diese negative Assoziation nicht ändern, wenn wir uns einfach das Wort »Zigeunerschnitzel« nicht mehr aussprechen, zum anderen stellt sich die Frage, ob das Wort »Zigeuner« damit nicht erst recht einen negativen Stempel erhält. Ich weiß, Zigeuner an sich gibt es nicht, es gibt Sinti und Roma. Trotzdem werden beide umgangssprachlich noch immer als »Zigeuner« zusammengefasst.


Sicherlich ist es einfacher, ein Problem einfach nicht mehr anzusprechen, nie mehr »Zigeunerschnitzel« sagen zu dürfen, als sich tatsächlich um das Problem, die negative Assoziation in den Köpfen der Menschen zu kümmern. Wir lieben eben den einfachen Weg. Bei »Negerküssen« wird das natürlich noch schwerer, deshalb darf man es ja schon lange nicht mehr sagen.



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CC-BY-ND Marc Stephan 2018